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Spannung im Raum

Ich war sehr klein, das Zelt sehr gross. Es bestand aus zwei Schlafkabinen und grosszügigem Eingangsbereich, der genügend Platz für einen Campingtisch und eine Kochnische bot. Es war ein richtiges Hauszelt, nicht so ein modernes Iglu-Faltzelt. Es war alt, unpraktisch, sperrig und aus 100 Einzelteilen bestehend; 70er-Jahre-braun, nach dem Dachboden meiner Grossmutter und sich zersetzendem Plastik miefend. Aber für mich war es das beste Zelt in ganz Norditalien. Die Ferien auf dem Zeltplatz fühlten sich an, wie ein nie endendes Spiel, bei dem die ganze Familie unermüdlich und brav mitspielte. Ich fand alles daran fantastisch.
Im Eingangsbereich hatte es angelaufene Fenster aus Plastikfolie, die das Tageslicht einfingen und die man mit Klettverschluss aufrollen konnte. Die Fenster waren genug gross, dass man den Kopf problemlos rausstecken konnte. Sonst kam nur direktes Licht rein, wenn der Eingangsbereich offen blieb. Ich frage mich, wer sich in der Produktion für die dunkle Zeltfarbe entschieden hat. Das macht nicht nur lichttechnisch wenig Sinn. Wenn morgens die Sonne auf die Zeltplache schien, wurde es schwülwarm. Die Feuchtigkeit der Nacht verdampfte tropisch. An der Zeltdecke sammelte sich das Kondenswasser, das einem dann auf den Kopf tropfte. Ich erinnere mich, dass ich morgens erwacht bin, weil es schnell zu heiss wurde und ich zu schwitzen begann. Aber in der Nacht war es immer angenehm. Ich teilte die Kabine mit meinem Bruder und dank ihm hatte ich keine Angst, wenn wir draussen auf den Kieselsteinen Schritte, Tiere oder sonstige Geräusche hörten. Wir lagen in unseren Schlafsäcken auf der türkis-pink gestreiften Matratze, starrten an die Zeltdecke und spielten mit der Taschenlampe Schattenspiele. Ich hatte immer mein eigenes Kopfkissen dabei. Rosarot mit Regenbögen und weissen Elefanten drauf. Es fühlte sich kuschlig und heimelig an. Ich wäre gern länger geblieben.
Basel, 2021