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Luftweg

Ein fast quadratischer Raum mit einer Dachschräge, die nur über die Hälfte der Decke gezogen ist, bereitete mir, beim ersten Anblick, ein kahles, kühles und befremdendes Gefühl. Doch ein Riesenbett, das in der Mitte des Raumes stand, lockte mich hinein. Einige Stunden später sah es schon ganz anders aus. Der Raum änderte sich für mich. Wenn ich jetzt an dieses Zimmer in Nyon, in einem Mehrfamilienhaus, zurück denke und mich an dieses Jahr erinnere, kommen in mir viele Bilder, Erinnerungen und Gefühle hoch. Ein glatter Parkettboden färbte den kahlen weissen Raum mit etwas Farbe, auch die Dachschräge unterstützte den Boden mit ihren hellen Holzleisten. Die rauhe Wand schmerzte mich jeweils, wenn ich mich daran aufschürfte. Doch am Abend, ausgepowert vom Tag, lies ich mich oft in der Stille, langsam ins grosse Bett sinken. Es war so still, dass ich den Zug leise vorbeirattern hörte. Wenn sich eine Gruppe von Menschen noch spät in der Nach, auf der Strasse unterhielt, verstand ich jedes Wort. Doch auch durch den Tag war es immer noch so still wie in der Nacht, nur vereinzelte Kinderjuchzer klangen zu mir hoch. Durch ein Fenster, so gross wie eine kleine Balkontür, kam immer frische Seeluftbriese hinein. Vom Bett sah ich direkt zu der Spalte der Balkontür, wo gut erkennbar in der Mittagssonne, der Staub am Tanzen war. Tief in meine grosse Decke eingewickelt roch ich den angenehmen Duft des Waschmittels. Es war nicht mein Waschmittel, aber doch heimelig für dieses Jahr. Ab und zu wieder ein Duft von Bebepuder strich vorbei, vor fünf Minuten hatte gerade noch Maja in meinem Bett gelegen. Die gestrichene weisse Wand reflektierte das Sonnenlicht direkt in meine Augen, so dass ich sie leicht zusammenkneifen musste. Der Geruch der Farbe lag noch ein bis zwei Wochen in der Luft, doch verflog er schnell.
Basel, 2014