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Mein Erinnerungsraum. Riva del Sole
Sieben Uhr. Heute bin ich sogar für meine Verhältnisse früh dran. Im Bett, welches sich nur etwa einen Meter parallel zu meinem befindet, höre ich den tiefen Atem meines noch schlafenden Bruders. Beide sind wir in klassisch italienische Bettlaken gehüllt, bestehend aus einem einfachen, leichten, weissen Leintuch und einer etwas schwereren Tagesdecke. Ich stehe auf.
Meine Füsse berühren die weissen, kalten Bodenplatten, wobei noch wenige kratzige Sandkörner des gestrigen Strandbesuches an den Fusssohlen kleben bleiben. Ich richte mich auf, suche auf dem überfüllten Kleiderstuhl am Ende meines Bettes etwas zum Überziehen und taste mich Richtung Türe, entlang eines Esstisches, Holz, blank poliert, für vier Personen, daneben ein schlichter Wandschrank.
Die warme Morgensonne blinzelt dumpf durch die Zwischenräume der schräg gestellten Holzlamellen der äusseren Eingangstür und leuchten mir den Weg. Ich erreiche die andere Seite des Zimmers, schiebe die transparenten Tagesvorhänge nach links zur halbleeren Garderobe und nach rechts zum Röhrenfernseher, welcher sich auf einem kleinen Schränkchen befindet, vermutlich steht er schon Jahrzehnte dort, leise summend. Ich habe ihn noch nie gebraucht!
Vor mir befindet sich nur noch die doppelte Eingangstür. Innen Glas, aussen tannengrüne Jalousien. Ich drehe den goldenen Türknauf und öffne sie beide. Sofort prallt mir der intensive Duft des Pinienwaldes entgegen, in welchem wir uns befinden. Mit einem tiefen Atemzug, den Duft für immer festhaltend, trete ich auf die sonnenbestrahlte Terrasse. Ich lausche dem leisen Wellenrauschen nicht weit entfernt und geniesse die morgendliche Stille. Ein kurzer Glücksmoment, der so lange anhält, bis auch ich vermutlich nochmals für eine kurze Zeit ins Bett zurück schlüpfe und warte bis der neue Strandtag beginnt.
Basel, 2020