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Vermalte Welten

Jedes Kind kennt den Spruch seiner Mutter: „Geh raus spielen.“ Gesagt, getan. Sowie viele andere Kinder verbrachte ich den grössten Teil meiner Freizeit im Freien. So oft ich nur konnte, griff ich nach meinem Plastikeimer voll Kreide und ging nach draussen. Unterwegs mit meinem Eimer ging ich an meine Lieblingsstelle, sie befand sich direkt vor dem Garagentor. Ich kniete mich hinab, öffnete den Deckel und griff hinein. Blau, Grün, Rot, Gelb oder doch Weiss. Schaudern ergreift mich. Der erste Griff zur Kreide war entfremdend. Um dieses Gefühl zu unterdrücken, musste ich loslegen. Voller Tatendrang fing ich an Städte, Monster oder Spiele abzubilden. Mir gefiel, wie sich die Kreide auf dem gepflasterten Betonboden abträgt und so Stück für Stück im Gebilde ergänzte. Es kam oft vor, dass sich die Zeichnung bis auf die Strasse ausbreitete. Ich vergass Zeit und Ort. Vom ständigen umher, raufte ich mir meine Kniestellen meiner Jeans auf. Entschlossen beendete ich mein Gekritzel am Boden. Es war angerichtet. Voller Stolz präsentierte ich mein Kunstwerk meinen Freunden. Wir nutzten unser Vorstellungsvermögen und die fiktive Welt, um uns stundenlang zu beschäftigen. Der Himmel fing sich an schwarz einzufärben. Der Wind pfeifte um die Ohren. Aus den Wolken fielen Tropfen, aus einzelnen Tropfen wurden heftige Wassermengen. Das Unheil brach heran. Das strömende Wasser vermengte sich mit der Kreide. Meine Fabelwelt floss den Abfluss hinunter. Wut stieg in mir auf. Petrus der Dumme. Mit in Wasser getränkten Kleidern ging ins Haus. Enttäuschung breitete sich aus. Ich hoffte, alles sei ein Traum und ich würde jeden Moment aufwachen.
Basel, 2015