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Text von Isabel Rohner zur Performance hulahula von Irene Maag:
Weihnachtsritual
In einem ersten Teil sitzt Irene Maag unter den Zuschauern am Tisch und packt Cervelats aus einer Plastiktüte aus. Mit einem Messer und mit Hilfe von Zahnstochern beginnt sie, aus den Cervelats Krippenfiguren zu schnitzen. Maria und Josef, das Jesuskindlein in der Krippe und zwei Tiere. Die Figuren stellt sie in wohlbekannter Position auf einem Holzbrett auf.
In einem zweiten Teil verlassen wir das Atelier und begeben uns in einer Art Prozession zum Brachland hinter dem Wagenmeister. Ein Weihnachtsbaum steht auf dem Gelände. Irene Maag stellt die Krippe unter den Baum und packt einen weiteren Cervelat aus, kürzt ihn auf der einen Seite und zieht eine Schnur durch die Wurst. Nun zieht sie ihre Hose ab und steht mit nackten Beinen und einer hautfarbenen Unterhose neben dem Weihnachtsbaum mit dem Krippenspiel. Sie bindet sich den Cervelat mit der Wurst um die Hüften und hat jetzt ein penisartiges Gebimmel vor ihrer Scham hängen. Sie entnimmt dem Plastiksack eine Flasche Sprit und besprüht damit den Tannenbaum. Das Bild eines pissenden Mannes taucht auf. Nach ersten Schwierigkeiten den Baum in Flammen zu setzten, brennt er plötzlich lichterloh. Irene Maag beginnt einen Freudentanz um den brennenden Baum, singt dazu wie ein Indianer in einem schlechten Indianerfilm und wirft die Hände gegen den Himmel. Die Wurst zwischen ihren Beinen baumelt und tanzt mit. Die Hitze des Feuers ist zu spüren und der starke Duft von brennendem Tannenreis. Als der Baum als ein schwarzes, rauchendes Elend übrig bleibt, ist auch der Tanz beendet. Irene Maag steckt sich den Cervelat in die Unterhose, zieht sich wieder an und geht davon.

Text von Barbara Neidhart zur Performance hulahula von Irene Maag:
Rituale
Vor kurzem war Weihnachten. In einer Zeit, in der das Ritual der Weihnacht bis zur Perversion getrieben wird, möchte ich es mit meiner Performance entlarven, zur Diskussion stellen und nicht zuletzt neue Rituale kreieren“, sagt Irene Maag im Anschluss an ihre fleischig-lustvolle sowie tiefgründige und auch aufwühlende Performance. Damit wagt sie sich ohne Scheu an eines der die abendländische Kultur bestimmenden Rituale. Die Krippe als Inbegriff der Geburt Christi und somit der Erscheinung des Gottes auf Erden in einem Körper aus Fleisch und Blut wird aus Fleisch geschnitzt und in Szene gesetzt. Die Performerin kann auf den Wiedererkennungswert ihrer Handlung beim Publikum zählen, denn die heilige Familie im Stall – Mann, Frau, Kind in Krippe sowie Esel und Ochs – gehört zum festen Bestandteil des Weihnachtsrituals und wird von an der abendländischen Kultur teilhabenden Individuen jederzeit wiedererkannt. Die Wiedererkennung ist eines der zentralen Merkmale des Rituals, das als Wiederholung eines szenischen Arrangements funktioniert. Sie stiftet Vertrautheit mit einer Handlung und dadurch Gemeinschaft mit den an der Handlung Teilnehmenden. Rituale und Ritualisierungen ermöglichen also Soziales und sind zentral für die Entstehung, Erhaltung und Veränderung von Gesellschaften. Sie sind nicht als stereotype, nicht authentische Handlungen zu verstehen, welche die Autonomie des Einzelnen reduzieren, sondern als Bedeutungsgefüge, in dessen Rahmen sich jedes szenische Element, jedes Symbol, jede Geste erst aus dem Gesamtzusammenhang angemessen erschliessen lässt.
Diese oberflächliche Skizzierung von Ritual und Ritualisierung lässt Berührungspunkte mit der Performance Kunst erkennen. Und die Vermutung liegt nahe, dass sich gerade deshalb die Performance Kunst bestens dazu eignet, sich mit Ritualen auseinanderzusetzen. Bemerkenswert an Maags Performance ist der Umstand, dass sie das Weihnachtssymbol heidnischen Ursprungs – den Baum – dem zerstörerischen Feuer preisgibt, während das Weihnachtssymbol rein christlicher Prägung – die Krippe – unversehrt bleibt. (Und vielleicht liesse sich dahinter sogar ein Fragezeichen setzen?) Die starken Bilder der Cervelats-Krippe und des brennenden Tannenbaums werden begleitet vom lustvoll-bacchantischen Umtanzen des Baumes in humorvollem Geschlechterkostüm und ihre Tiefe und Relevanz durch diesen Kontrast noch zugespitzt. Sie geben Stoff zum Nachdenken und wären es wert, in folgenden Performances weiterdiskutiert zu werden.
Basel, DB Areal, 2006
https://www.irenemaag.ch


Additional

Dauer der Performance: ca. 30:00 Min. Flyertext zu Labor 17, www.kasko.ch: So. 8. Jan. 14 – 18 Uhr – Labor 17, Was tun wenn's brennt? Labor – die Plattform für Performancekunst IMPROVISIEREN! INTERVENIEREN! Im Labor 17 lösen wir prekäre Situationen aus. Es brodelt, dampft, tropft und raucht. Interessierte sind herzlich eingeladen zum provozieren und bewältigen. Wir freuen uns auf deine kleine Krise! Löschen oder Öl ins Feuer giessen? Auf jeden Fall agieren.. Ort: DB Areal Treffpunkt: Musical Theater, Riehenring/Erlenstr. um 14 Uhr. Tram 14, Haltestelle Musical Theater Mitnehmen: Sicherheits- und Krisenbewältigungsutensilien aller Art

Remark

Video: Martin Blum, Schnitt: Hansjörg Köfler Fotograf:innen: Simone Fuchs und Elisabeth Schiess MaagIrene_2006_Hulahula_1_FotoFuchsSimone MaagIrene_2006_Hulahula_2_FotoFuchsSimone MaagIrene_2006_Hulahula_3_FotoFuchsSimone MaagIrene_2006_Hulahula_1_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_2_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_3_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_4_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_5_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_6_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_7_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_8_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_9_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_10_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_11_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_12_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_13_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_14_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_15_FotoSchiessElisabeth

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Dokumentation einer Performance/Aktion / Documentation of a performance/action
eventcurator
Maag, Irene; Rohner, Isabel (Projektverantwortliche); Blum, Martin (Leitung Labor 17)
eventplace
Basel, DB Areal
festival
Labor – die Plattform für Performancekunst. Labor 17, Was tun wenn's brennt?
function
Künstlerin
jahrgang
1972
medium
Video 4:3
performers
Maag, Irene
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Video: Martin Blum, Schnitt: Hansjörg Köfler Fotograf:innen: Simone Fuchs und Elisabeth Schiess MaagIrene_2006_Hulahula_1_FotoFuchsSimone MaagIrene_2006_Hulahula_2_FotoFuchsSimone MaagIrene_2006_Hulahula_3_FotoFuchsSimone MaagIrene_2006_Hulahula_1_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_2_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_3_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_4_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_5_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_6_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_7_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_8_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_9_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_10_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_11_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_12_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_13_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_14_FotoSchiessElisabeth MaagIrene_2006_Hulahula_15_FotoSchiessElisabeth
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