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Tapeto dei due mondi
Im Haus meiner Grosseltern im grünen Appenzellerland, roch es immer nach dem Holzofen und alten Zeitungen. Ein Hauch von Kaffee lag in der Luft und wenn man eines der alten Doppelfenster öffnete um die schwarz-weiss gefleckte, etwas korpulente Katze hineinzulassen, wehte der Duft von frischem Heu herein. Obwohl die Stube klein und alles aus dunklem Holz gezimmert war, war es keinesfalls düster darin. Die vom Regen und der Abendsonne leuchtend grüne Landschaft draussen, die Kerzen auf dem Tisch und die Wärme des olivgrün gekachelten Ofens liessen den Ort immer sehr harmonisch wirken.
Ich erinnere mich an selbstgemachte Früchtetorte auf alten Porzellantellerchen, an den Zvesber auf eingekerbten Holzbrettchen, den quietschenden Divan auf welchem mein Grossvater schnarchend schlief, an meinen Bruder der Cola trank und an das Brettspiel mit diesen Töggeli das wir bis zur Vernichtung spielten. Das Wohlsein an diesem Ort war verbunden mit Ruhe und der Erinnerung von schon seit immer. Er gehört zu einem der Vergangenen. Sowie die Menschen die ihn belebten und zu dem machten was er für mich war. Ich zieh meine Stiefel auf dem roten, gemusterten Teppich an, verlasse in Gedanken das Holzhaus und laufe durch die nasse Wiese.
In der Gegenwart suche ich nach solchen Orten. Bewusst wie auch unbewusst. Und manchmal treffe ich auf sie obwohl ich nicht direkt auf der Suche nach ihnen bin. Wie ich feststelle, sind einige dieser Orte nicht an Vertrautes gebunden.
Der grösste Kontrast an Raum, wenn ich das auf Wohnräume eingrenze, ist die Wohnung eines Freundes in Berlin. Diese kleine Oase in dieser lebendigen Grosstadt, in dieser urbanen Umgebung.
Die stärkste Erinnerung an diesen Raum lebt von einem Abend. Ein Abend an dem ich mich verloren fühlte und ihn spontan besuchte. Er war so lebendig wie die Stadt, jedoch ohne hektisch oder beängstigend zu sein. Musik, von einem alten Plattenspieler oder Kassettenrecorder, sowie sanfter Zigarettenrauch schwebten im Raum, der durch die Tücher vor den Erdgeschossfenstern, immer leicht rosa erschien. Seine Struktur erhielt er durch funktionale, scheinbar Zusammengewürfelte Dinge wie Möbel oder Instrumente, das knarrende Parkett, den Zeichnungen und Bildern an den Wänden. Sein intensiver, beruhigender Geruch, lässt sich für mich kaum einordnen. Anders als sein Geschmack nach Tabak, scharfen Tomatenspaghetti und Rotwein den ich so gerne trank während wir alles auf dem hellblau gemusterten Teppich sassen.
Abgesehen vom Teppich haben die beiden Räume eine weitere Gemeinsamkeit: ich fühle mich in ihnen immer sehr herzlich aufgenommen.
Basel, 2016