Wasserlauf
(1998)

Die Videoarbeiten von Pascale Grau sind stark von einem Arbeitsprozess geprägt, in dem die performativen Handlung, das Performen vor und für die Kamera einen zentralen Stellenwert einnimmt. Welche Mittel die Künstlerin dabei in ihren Aktionen einsetzt, um den Aspekt des Performativen, das unmittelbare Erleben der Gesten und der körperlichen Präsenz in das andere, das «aufzeichnende» Medium Video zu übertragen, lässt sich an der Installation Wasserlauf besonders deutlich nachvollziehen. Auf zwei freistehenden Projektionsflächen, die im Abstand von fünf Zentimetern nebeneinander positioniert sind, stellt Grau einander zwei Videos spiegelbildlich und jeweils um 90 Grad gedreht gegenüber. Die Aufnahmen zeigen zwei Beinpaare, die sich über einer Wasserfläche bewegen, die voneinander in langsamen, dezidierten Bewegungen fortzustreben scheinen und doch nicht vom Fleck kommen. Bei näherem Hinsehen fallen markante Details ins Auge: die immer wieder wechselnde Flussrichtung des Gewässers, die rot lackierten Zehennägel und vor allem die (tiefen-)räumliche Beschaffenheit der Videobilder, die den anfänglichen Eindruck einer Bildmontage korrigiert. Die Videos geben die tatsächliche (Aufnahme-)Situation wieder. Drei Meter über einem Flusslauf an einer Brücke hängend filmt Grau eigenhändig ihre strampelnden Beine und nimmt deren Bewegungen aus unterschiedlichen Positionen auf: mit dem flussaufwärts respektive -abwärts gerichteten Körper, mit der zum Körper hin- beziehungsweise von ihm weggedrehten Kamera. Der Ton, ein von einer Tuba gespielter Marsch, verleiht der Installation etwas Drängendes. Er interagiert mit dem Bewegungsrhythmus der Körperteile und verstärkt den Eindruck, dass dieser «Leerlauf» nicht nur ein erfolgloses, sondern höchst prekäres Unterfangen darstellt. (Irene Müller 2009)