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Viola da braccio, um 1500

Bei der Viola SAM 65 handelt es sich aufgrund der Umrissform und ihrer Proportionen, der konkaven Zargen und zahlreicher anderer Charakteristika um ein interessantes Instrument (wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts), welches aber in zahlreichen Details nachgearbeitet bzw. verändert wurde.
Datierung/Zuschreibung:
Durch eine dendrochronologische Untersuchung (Micha Beuting, "Dendrochronologische Datierung von Streichinstrumenten des 15. und 16. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Geigenbauer Linarolo und Ciciliano", in: Technologische Studien, Wien 2009, Bd. 6, S. S.203-204) konnte der jüngste Jahresring der Decke auf 1472 (ältester 1311) datiert werden. Die heutige Zuschreibung "Italien" ist nicht belegbar.
Umrissform:
Wie von Heyde (Herbert Heyde, Musikinstrumentenbau, Leipzig 1986, S. 116) beschrieben, ist der Korpus-Umriss des Instruments nach ganzzahligen Proportionen gegliedert, wie man sie auch in Silvestro Ganassis Holzschnitten in der Regola Rubertina/Lettione Seconda, Venedig 1542/43 findet.
Decke:
Die Decke des Instruments ist einteilig mit 162 Jahresringen und aus Fichtenholz. Die relativ flache Wölbung ist ausgestochen. [Karel Moens kam bei seiner Untersuchung 1984 zu dem Schluss, dass die Decke zwar alt ist, aber vielleicht von einer kleinen Viola da gamba kommt und der Umriss verändert wurde. Auch hielt er die einfachen Randeinlagen aus schwarz gefärbtem Holz in Decke und Boden für nicht original.] An der Aussenwölbung sind im Gegenlicht "El Greco"-Grate zu den Ecken hin auffallend. Die nach aussen zeigenden C-Schallöcher sind leicht unterschnitten. Es sind keine Dübel zur Befestigung der Decke vorhanden.
Zargen/Boden:
Die konkaven Zargen aus Laubholz (wahrscheinlich Birne) wurden wahrscheinlich aus zwei Hälften zusammengesetzt. Am Halsansatz ist der Hals zwischen die beiden Zargenhälften geleimt und die Fugen sind im Korpusinneren mit Papier- oder Pergamentstreifen beklebt. (Foto: FS-00007-21]. Als Saitenhalter-Anhängung ist eine kannelierte Konsole zwischen die Zargen geleimt. Der Zargenkranz ist aus einem massiven Holzblock geschnitten, aussen konkav ausgehöhlt und im Inneren konvex bearbeitet. Besonders im äusseren Mittelbügelbereich sind deutliche Bearbeitungsspuren sichtbar. Decke und Boden sind ohne zusätzliche Reifchen auf die Zargen geleimt.
Der flach gewölbte Boden aus Laubholz (wahrscheinlich Birne) ist aus einem Stück ausgestochen und weist im Inneren mehrere Reparatur-Diamanten auf.
Hals/Griffbrett/Wirbelkasten:
Am Halsansatz sind einige Reparaturen bzw. Veränderungen vorgenommen worden und auch die Hohlkehle der Zargen ist am Halsansatz nachgearbeitet worden, wie man an den angeschnittenen Holzwurm-Gängen sehen kann. Wahrscheinlich ist nur der untere Teil des Halsfusses noch original, da es der zwischen die Zargenhälften geleimten Halsfuss zu sein scheint.
Der Hals selbst ist puzzleartig aus Holzstücken und Kitt zusammengesetzt und besteht möglicherweise aus zwei Stücken von verschiedenen alten Instrumenten. Eventuell war das massive Griffbrett (wahrscheinlich Ahorn) unten ausgehöhlt. Dies ist aber wegen des eingefügten Kitts am Halsansatz nicht mehr verifizierbar. Auch könnte das Griffbrett früher breiter gewesen sein, da die Decke neben dem heutigen Griffbrett dunklere "Schatten" aufweist.
Der mit dem obersten Halsteil verbundene Wirbelkasten mit vier Wirbellöchern, vier Wirbeln und die archaische Schnecke (nur 1.5 Windungen) mit nur leicht herausragenden Ohren sind wahrscheinlich alt, aber wohl nicht aus dem 16. Jahrhundert.
Innenkonstruktion:
Die Decke des Instruments weist keinen Bassbalken auf. Da die Innenseite der Decke keine Werkzeugspuren mehr aufweist sondern stark "geputzt" aussieht, können leider keine Rückschüsse mehr auf die originale Innen-Konstruktion gezogen werden. Die Deckenstärken reichen heute von 2.3 mm im Randbereich bis zu 4.8 mm oberhalb des heutigen (nicht originalen) Stegs.
Saitenzahl/Mensur:
Der heutige Zustand des Instruments mit 4 Saiten und einer schwingenden Saitenlänge von 34,5 cm ist wohl nicht original. Möglicherweise war das Instrument ursprünglich eine Lira da braccio mit 6-7 Saiten wobei die Stegposition vielleicht ursprünglich auf die Höhe der unteren Ecken zu liegen kam.
Thilo Hirsch, Basel 2013
Provenienz des Instruments: Catajo
1475-1525


Entstehungsort: Italien

Originaltitel:

Viola da braccio

In Zusammenhang stehende Bilddokumente:

  • d'Andrea, Giovanni (~1511): Lira da braccio, 1511

Primärquellen:

  • Regola Rubertina
  • Lettione Seconda [Regola Rubertina]

Sekundärliteratur:

  • Die Sammlung alter Musikinstrumente : beschreibendes Verzeichnis
  • Meisterwerke der Sammlung alter Musikinstrumente
  • Dendrochronologische Datierung von Streichinstrumenten des 15. und 16. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der Geigenbauer Linarolo und Ciciliano
  • Die Geigen- und Lautenmacher vom Mittelalter bis zur Gegenwart / nach den besten Quellen bearbeitet von Willibald Leo v. Lütgendorff
  • Musikinstrumentenbau 15.-19. Jahrhundert, Kunst - Handwerk - Entwurf

Systematik:

3.2.100.030 Viola

3.2.100.140 Lira da braccio

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