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Ich sitze am Küchentisch. Der Raum ist erfüllt mit dem Duft nach süssem Teig, Nüssen, Zimt und Zucker.
Vier metallene Beine tragen eine mit bunter Folie beschichtete Spanholzplatte. Ich weiss das, denn ein paar Einschnitte auf der Tischfläche und vor allem die eine Ecke, an welcher sich die Folie vom Tisch gelöst hat, geben die Sicht frei auf das krümelige einst hartgepresste Holzfabrikat. So gross ist die Versuchung daran zu kratzen, um nur eines dieser vielen Holzteilchen aus dem Ganzen zu lösen. Oder nur ein klein wenig mit dem Fingernagel an der Folie zu reissen, um noch mehr von diesem Material freizulegen. Doch – das mag meine Oma leider überhaupt nicht.
Sie stellt die frisch gebackenen Hefeschnecken auf den Tisch. Die einzelnen Schnecken sind so angeordnet, dass sie sich gerade noch ein wenig berühren und im Backofen beim Aufgehen zu ihrer fluffig flaumigen Köstlichkeit miteinander zu einem grossen Hefeschneckenkranz zusammengewachsen sind. Meine Oma bricht vorsichtig eine Schnecke aus dem Kranz, legt ihn auf einen kleinen Teller und reicht ihn mir. Ihre Hände sind übersät mit violett gefärbten Rissen und Klüften und gezeichnet von der Gartenarbeit.
Durch das Fenster über dem Herd tritt das Sonnenlicht in den Raum, es ist hell und warm. Hinter mir geht eine steile Treppe hinauf in die restlichen Zimmer. Aber ich sitze hier am Küchentisch und nehme nur wahr, was vor mir liegt.
Basel, 2021